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Die Schatten der Vergangenheit entlang des Grenzpfads
Entlang des Grenzpfads begegnen Sie fünf erzählenden Schatten in Form eines Zollbeamten, eines Grenzgendarms, eines Grenzüberläufers, eines Soldat und des Mädchens aus Kamtrup. Sie sprechen nur Dänisch, aber Sie können ihre Geschichten hier lesen.
Die Erzählungen
Die Flucht
Im Mai 1917 flüchtete Johannes Christensen durch das Wattenmeer vom deutschen Militärdienst und den Schlachtfeldern in Frankreich in die Sicherheit in Dänemark. Dies ist eine Nacherzählung seiner Erlebnisse.
Erzählung
Ich bin Johannes Adolf Christensen getauft. Meine Eltern, Niels und Marie, hatten einen Hof in Nørby in der Kirchengemeinde Visby. Ich war der jüngste Sohn in einer Geschwisterschar von sechs Jungen und drei Mädchen. Meine Eltern waren dänisch gesinnt, und das Leben als Optant – das heißt als dänischer Staatsbürger in einem Gebiet, das nach 1864 deutsch wurde - war schwierig. Die Deutschen kämpften hart gegen alles, was als dänische Propaganda interpretiert werden konnte, und um ihren Kindern das Leben zu erleichtern, entschied sich mein Vater 1892, deutscher Staatsbürger zu werden. Es war ein Tag der Trauer und es bedeutete, dass wir Jungen in den deutschen Militärdienst eingezogen werden würden.
Meine Brüder Alfred und Thorvald sowie meine beiden Schwager Marthinus und Jacob waren bereits eingezogen worden, als ich im Jahr 1915 zur Musterung gerufen wurde. Ich war 18 Jahre alt und trat in das 84. Regiment der 7. Kompanie in Husum ein. Es war der 2. November 1915. Zuerst kam die Rekruten-Zeit. Dann, am 24. September 1916, wurde ich Musketier. Wir wurden nach Fort Douaumont in Verdun in Frankreich geschickt. Wir verteidigten abwechselnd das Fort und verteilten Vorräte. Die Reise vom Fort bis zum Schützengraben war schrecklich. Der Eingang wurde so unerbittlich beschossen, er war voller Toter und Verwundeter. Bald darauf eroberten die Franzosen das Fort.
Ich wurde in Metz und Champagne an die Front geschickt. Die Anstrengungen waren unmenschlich. Ich sah Leute, denen Gliedmaßen vom Körper geschossen wurden, und begann über meine Flucht nachzudenken. Es musste geschehen, während ich Urlaub hatte. Ich hatte dem Herrn ein Versprechen gegeben. Heiligabend 1915 war mein erstes Weihnachtsfest im ausländischen Kriegsdienst. Ich hielt mit den Alliierten und kämpfte auf der "falschen" Seite. Ich bekam keinen Urlaub um nach Hause zu kommen, es war die Art der Deutschen, uns dänisch Gesinnte zu bestrafen. In dieser Weihnachtsnacht traf ich eine Entscheidung. Wenn ich überleben würde, würde ich für die Sache Sønderjyllands kämpfen. Wir hofften immer zu, dass der Krieg bald ein Ende finden würde.
Wir waren 30.000 Südjütländer, die im Ersten Weltkrieg auf deutscher Seite eingezogen wurden. Davon starben 5.300. In meiner Heimatgemeinde Visby fielen 27 junge Männer. Ich war unter den 2.400, die nach Dänemark desertierten. Es geschah am 3. Mai 1917. Ich hatte Urlaub bekommen und war nach Visby zurückgekehrt. Zusammen mit einem Freund, Ludolf Lützen, flüchtete ich.
Wir mussten die Grenze erreichen, bevor es hell wurde. Bald waren wir klatschnass von dem Springen über die wassergefüllten Gräben. Bald mussten wir auf dem Bauch kriechen, wenn sich die deutschen Patrouillen auf den Straßen näherten. In Skærbæk zerriss unsere Kleidung während wir durch Stacheldrahtzäune sprangen. Etwas weiter nördlich gingen wir dann ins Meer hinaus, wo wir einige Stunden weit von der Küste entfernt wateten, um nicht von der Küstenwache entdeckt zu werden.
Wir dachten, wir hätten Vester Vedsted erreicht und gingen an Land, aber dann erkannte Ludolf die Leute auf dem Feld, und es stellte sich heraus, dass es Høgsbro auf deutscher Seite war. Wir mussten wieder aufs Meer hinaus. Einige deutsche Wachen sahen uns, schossen aber nicht und am Morgen des 4. Mai erreichten wir, nach 16 Stunden Flucht, endlich Dänemark.
Ich kannte das Vorsteherpaar der Vester Vedsted Nachschule und sie gaben uns Essen und Kleidung, bevor wir weiterzogen.
Als der Krieg vorbei war, ging ich nach Sønderjylland, um dänische Stimmen für die Wiedervereinigung zu werben. Es war eine große Enttäuschung für mich, dass der südlichste Teil Sønderjyllands nicht nach Dänemark zurückkehrte. Nach dem Zweiten Weltkrieg bekam ich neue Hoffnung, aber die Grenze blieb, wo sie war. Ich hielt mein Versprechen an den Herrn und engagierte mich für Sønderjylland. Ich sammelte Geld für Schulbauten und Ausbildung und leitete viele Jahre den südjütländischen Verein in Odsherred. Ich überlebte.
Der Zollbeamte
Die Zollbeamten entlang der Grenze kamen aus dem ganzen Land. Sie überprüften die über die Grenze gebrachten Waren und versuchten, den Schmuggel zu verhindern. Einer der Zollbeamten in Egebæk Kro war Frederik Bernt Colbjørnsen (1817-1891). Hier ist seine Geschichte, wie er sie hätte erzählen können.
Erzählung
Mein Name ist Frederik Bernt Colbjørnsen und ich werde Ihnen von meiner Karriere beim Zoll erzählen.
Ich wurde 1817 im Herrenhaus Gl. Kirstineberg bei Nykøbing Falster geboren. Mein Vater war Kammerjunker und Hofjäger Hans Christian Colbjørnsen, und meine Mutter war Wilhelmine Lisette. Wir bekamen alle eine gute Ausbildung und 1836 wurde ich Abiturient der Nykøbing Falster Domschule. Ich bekam einen gute Zweitnote, haud illaudabilis, was ”nicht unwürdig” bedeutet.
Nach meinem Abitur habe ich an der Universität von Kopenhagen studiert. 1845 wurde ich Jurist. Der Plan war, Beamter zu werden, und 1849 wurde ich als Buchhalter in der dänischen Armee angestellt.
Einige Jahre vergingen, und dann reiste ich 1853 nach Flensburg. Ich war 36 Jahre alt und es war spät, den Beruf zu wechseln, also begann ich als Zollassistent am unteren Ende der Hierarchie.
In Flensburg heiratete ich Ferdinandine Caroline, deren Vater ebenfalls beim Zoll beschäftigt war. Wir bekamen keine Kinder, nahmen aber eine Pflegetochter, Caroline Henrichsen, auf.
Am 17. Juni 1863 kam ich nach Højer. Ich war zum Zollinspektor befördert worden und leitete die Zollstelle, die die Waren in Højer bei Vidå am Wattenmeer kontrollierte. Es war eine unruhige Zeit. Højer war überwiegend deutsch gesinnt, und als Dänemark 1864 den Krieg verlor, mussten meine Kollegen und ich den Ort verlassen. Wir wurden im Oktober 1864 offiziell entlassen.
Kurz darauf, am 31. Dezember 1864, begann ich als Zollinspektor bei der Grenzzollstelle Egebæk. Es war eine relativ kleine Zollstelle in Egebæk Kro südlich von Ribe, und hier blieb ich einige Jahre.
Die Zollstelle war eigentlich nur für einen unverheirateten Zollassistenten bestimmt. Für die Zollstelle selbst waren drei Räume bestimmt: ein Dachzimmer von 29 m2 als Lager, ein Zollbüro von 18 m2 und eine Kammer für mich von 4,5 m2. Meine Familie und ich konnten darin nicht leben, also trafen wir eine Vereinbarung mit dem Gastwirt und das Wohnhaus wurde erweitert.
1875 wurde ich Zollverwalter in Stege auf Møn, wo ich bis zu meinem Tod war, 74 Jahre alt.
Am 2. November 1891 starb ich an einer Lungenerkrankung und war noch im Amt, so dass dem Verfahren gefolgt werden musste. Der Nachlassverwalter in Stege Købstad erschien mit zwei Zeugen und versiegelte die Zollkasse. Das gesamte Inventar, alle Zollwaren und alle Bargeldbestände wurden gezählt und alles war – selbstverständlich - richtig.
Der Grenzgendarm
56 Jahre lang - von 1864 bis 1920 - wurde die Grenze am Kongeå sowohl auf dänischer als auch auf deutscher Seite von Gendarmen bewacht. Einige der ersten Gendarmen waren Veteranen der Schleswig-Kriege 1848-1850 und 1864, und einige der Letzten bewachten auch die neue Grenze nach 1920. Wir haben versucht, die Geschichte von Peter Madsen Kjær nachzubilden.
Erzählung
Ich wurde 1862 in Vejen geboren. Mein Vater war ein Knecht auf dem Land, aber ich entschied mich für das Militär. Von 1881 bis 1882 war ich in der Leibgarde in Kopenhagen und dann bewarb ich mich für die Grenzgendarmerie. Dort fing ich am 1. März 1883 als Soldat an.
Nach ein paar Jahren wurde ich Unteroffizier und wollte heiraten. Dies war nicht so einfach. Damals mussten wir eine Garantie von 1.600 DKK stellen, bevor wir heiraten konnten, denn im Falle unseres Todes, sollten unsere Frau und unsere Kinder etwas zum Leben haben. Es gab schließlich keine Lebensversicherung. Mein Geld war in der Ribe Sparkasse, und als die Grenzgendarmerie es genehmigte, konnte ich endlich heiraten. 1889 heiratete ich Hansine in der Vester Vedsted Kirche. Leider starb sie kaum 10 Jahre später. Sie wurde 34 Jahre alt.
Im Jahr nach Hansines Tod heiratete ich Frida. Sie kam aus Viuf, war aber Dienstmädchen in Vester Vedsted, und ich heiratete wieder in der Vester Vedsted Kirche. Fridas Vater war übrigens ebenfalls Grenzgendarm.
1903 diente ich in Hømlund. Wir Gendarmen sollten nur die Grenze bewachen, aber es kam vor, dass wir auch Schmuggler verhafteten, die den Zollbeamten übergeben wurden. Einmal entdeckte ich, dass ein Mann aus Hømlund vier Ladungen Stroh nach Dänemark geschmuggelt hatte. Er selbst besaß das Feld auf der deutschen Seite der Grenze, aber er benutzte eine der Straßen, auf denen das Importieren von Waren nicht erlaubt war, und musste so eine Geldstrafe von 6 DKK zahlen.
Mit der Zeit wurde ich befördert und unberittener Feldwebel. Ich wollte auch gern Oberfeldwebel werden, aber dies zog sich in die Länge. In meinen jungen Jahren hatte ich viel getrunken, und so kam es dass ich ziemlich schwer geworden war.
Ebendies wurde zu einem Problem, als das dänische Parlament 1909 beschloss, das die Grenzgendarmerie sparen sollte. Die berittenen Oberfeldwebel ritten auf Pferden, aber diese wurde nun durch Islandpferde ersetzt, die billiger und kleiner waren. Obwohl ich mich von den stärkeren Getränken fernhielt, fiel es mir schwer, mich vom Essen fernzuhalten und ein so kleines Islandpferd konnte mich nicht tragen. Ich musste also bis 1914 warten, bis die Grenzgendarmerie wieder auf echte Reitpferde umstieg.
In diesen Jahren gab es auch noch andere Dinge zu tun. Ich wurde an den Deichbau am Wattenmeer verliehen, wo ich die Deicharbeiter im Auge behalten sollte, die von 1911 bis 1915 den Ribe Deich (Ribediget) bauten. Sie tranken viel und es konnten Schlägereien entstehen, aber meine Vorgesetzten lobten mich für die Arbeit.
Als der Deichbau abgeschlossen war, wurde ich befördert und diente fortan in Obbekær.
1920 zog ich, wie viele meiner anderen Kollegen, zur neuen Grenze am Kongeå. Ich diente in Bov und blieb dort einige Jahre als Oberleutnant.
Der Soldat
Søren Hansen Smidt war einer der 30-35.000 deutschen Südjütländer, die auf deutscher Seite am Ersten Weltkrieg teilnahmen. Davon fielen ca. 6.000 im ausländischen Kriegsdienst. Søren Hansen Smidt schrieb ein Tagebuch und Briefe an seine Familie, bis er 1915 an der Front starb. Dies ist Sørens Geschichte.
Erzählung
Ich heiße Søren Hansen Smidt. Ich bin für Preußen an der Front Frankreichs gestorben, als ich 29 Jahre alt war. Ich wurde in der Kirchengemeinde Spandet geboren und wurde ein Bauer wie mein Vater. 1912 kaufte ich einen Hof in Arnum.
Wir lebten in einem Gebiet, das seit 1864 deutsch war. Es war nicht leicht, dänisch gesinnt zu sein, und 1907 entschieden wir uns, deutsche Untertanen zu werden, obwohl wir dänisch sprachen und dachten.
Um die Eindrücke, Gedanken und Auswirkungen festzuhalten, die eine so beängstigende Zeit mit sich brachte, führte ich ein Tagebuch. Meine Familie schickte mir das Hochschulblatt und das Wochenblatt Heimdal, und wir schrieben uns lange Briefe. Wann immer sie konnten, schickten sie Essen.
Wir reisten am 27. November 1914 nach Frankreich. Es war alles andere als ungefährlich für Leib und Leben. Das tödliche Blei flog herum und suchte nach einem Ziel, und niemand wusste, wann es traf. Die halbe Nacht in einer Höhle mit etwas Stroh und einer Pferdedecke als Bett zu leben und die andere Hälfte der Nacht Wache zu stehen war alles andere als angenehm.
Am 5. Januar marschierten wir in das Dorf Raedersheim. Daraufhin ging es weiter in die Stellungen in den Weinbergen. Es war eine anstrengende Reise und was auf uns wartete, war nicht gut. Die Laufgräben waren ein Morast aus Lehm. Es gab keine Erdlöcher, in denen man Schutz suchen konnte, nicht einmal eine trockene Stelle.
Zu Ostern am 4. April 1915 waren wir in der Nähe von Hartmannsweilerkopf. Die Franzosen waren wieder im Besitz des Gipfels. Neulich wurde gesagt, dass die Deutschen während unserer Zeit hier im Elsass einen Verlust von 2.000 Toten und Verwundeten erlitten haben sollten.
Eine Woche später verlor ich einen guten Freund, Lorentzen aus Haderslev, der auf Patrouille von mehreren Schüssen getroffen wurde.
Wir kamen am 18. April in Gebweiler an. Es war eine hübsche Stadt, wunderschön gelegen in einem Tal mit hohen Bergen auf beiden Seiten. Am 19. April wurde uns befohlen, den Hartmannsweilerkopf zu stürmen. Mein Freund, Søren Finnemann, schrieb danach an meinen Vater und erzählte ihm, was passierte.
Nach anderthalb Stunden wütendem Artilleriefeuer an den französischen Stellungen wurde ich zusammen mit insgesamt 14 Männern und mit 6 Preußen geschickt, um den angeblich leeren französischen Schutzgraben einzunehmen. Es war fünf Uhr nachmittags. Nachdem wir uns den Franzosen genähert hatten und diese uns erblickten, warfen wir uns zwischen den Bäumen auf den Boden. Hier wurde ich getroffen. Einer meiner Freunde, der neben mir lag, wurde verwundet und zu einem Lazarett gebracht. Søren schrieb, dass mich jemand viele Stunden um Hilfe rufen hörte, aber sie konnten mich nicht erreichen, weil ich nur 30 Meter von den französischen Stellungen entfernt war. Als sie mich fanden, war ich tot. Ich wurde 3-400 m unter der Spitze auf der Ostseite des Hartmannsweilerkopfs begraben. Mein Grab wurde mit einem Holzkreuz markiert und überblickt Wünheim und Sulz.
Das Mädchen aus Kamtrup
Karen Margrethe Poulsen (1888-1981) oder das Mädchen aus Kamtrup war eine der Grenzlandheldinnen. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs starb ihr Verlobter im deutschen Militärdienst. Dies brachte sie dazu, Hunderten von dänisch gesinnten Soldaten über die Grenze zu helfen, bis sie selbst nach Dänemark flüchten musste. Dies ist eine Nacherzählung ihrer Geschichte.
Erzählung
Ich heiße Karen Margrethe Poulsen. Die meisten Leute kennen mich als das Mädchen aus Kamtrup. Ich wurde 1888 auf einem Hof in Fæsted in der Kirchengemeinde Sdr. Hygum geboren, und bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914 lebte ich ein fast gewöhnliches Leben. Fast, weil ich 1913 eine uneheliche Tochter zur Welt brachte. Ich war mit einem Deutschen verlobt und lebte 1913 in Hamburg. Dort wurde meine Tochter Ingeborg geboren. Es war damals ein Skandal. Man sollte am liebsten verheiratet sein bevor man Kinder bekam.
Im August 1914 brach der Krieg aus. Mein Verlobter wurde in die deutschen Armee eingezogen und fiel bereits in den ersten Kriegsmonaten. Ich war ganz allein, unverheiratet, mit einem Kind und ohne Einkommen. Dann ging ich nach zurück nach Sønderjylland. Sdr. Hygum gehörte ja zu Deutschland, und meine Eltern versprachen, sich um Ingeborg zu kümmern. Sie war nach meiner Mutter benannt und es endete damit, dass Ingeborg bei meiner Mutter und meinem Vater aufwuchs. Ich bekam eine Anstellung als Dienstmädchen beim Pastor in Rødding. Er war deutsch gesinnt, und deutsche Soldaten lebten im Pfarrhaus. Trotzdem gelang es mir, Flüchtlinge über die Grenze zu schmuggeln.
Alles begann im Januar 1915. Mein Bruder Peter kam auf Urlaub nach Hause. Er besuchte mich und sagte mir, er erwäge zu desertieren. Ich beschloss, ihm zu helfen. Es gelang mir und es sprach sich schnell herum, dass ich helfen konnte. Die Soldaten schickten mir Briefe, unterschrieben mit Mädchennamen, das war unser Code. Manchmal ging ich mit einem Soldaten spazieren und gab vor, seine Freundin zu sein. Andere Male badeten wir im Kongeå und dann ging er in Dänemark an Land. Einige Fluchtversuche fanden nachts statt, andere tagsüber. Ich war gut darin mit den deutschen Wachen zu plaudern und kannte ihre Dienstpläne. Ich wusste, wem ich vertrauen konnte.
Eines Abends brachte ich bei sehr dichtem Nebel zwei Deserteure zur Wachkette. Als ich das vereinbarte Zeichen sah, ein kurzes Aufleuchten von einer Taschenlampe, gingen wir auf die Wache zu. Dort stand - wider Erwarten – ein Soldat, und er war es, der seine Taschenlampe hatte Aufleuchten lassen. Ich bat die beiden Flüchtlinge, ganz still zu stehen. Der Soldat kannte mich und nahm an, dass ich mit zwei Bekannten unterwegs war. Er grüßte mich und ging weiter - eine große Erleichterung für mich und die Wache.
Die Soldaten konnten keine Militärkleidung tragen, und die Leute in der Umgebung schickten mir Zivilkleidung für die Soldaten. Die Militäruniformen habe ich um die Plantagen herum vergraben, weil es zu gefährlich war, sie zu behalten. Ich habe auch oft die Anstellung gewechselt. Wenn es zu gefährlich wurde, fand ich eine neue Anstellung. Ich habe in den Gastwirtschaften in Foldingbro und Gelsbro und schließlich in Aarupgaard gedient. Alle Orte waren nahe der Grenze.
Im November 1917 wurde nach mir gefahndet und ich musste nach Dänemark flüchten. Dann übernahm meine Schwester Marie. Mein Vater Gorm half auch, Flüchtlinge zu verstecken. Es war nicht ohne Konsequenzen. Nach dem Krieg hatte ich einen Nervenzusammenbruch.
Ich starb 1981 im Alter von 93 Jahren. Viele Leute haben mich gefragt, warum ich es getan habe. Habe ich damit Geld verdient? Nein. Viele Leute kannten mich und halfen mir mit Zivilkleidung für die dänischen Soldaten und Bestechungsgeldern für die deutschen Wachen. Ich habe es getan, weil ich nichts anderes tun konnte. Nach dem Krieg erhielt ich einen Dankesbrief von 150 Deserteuren.